Das Unternehmensgebäude von EuroLam in Wiegendorf / Thüringen.

Aus Wiegendorf kommt nichts von der Stange

Thüringischen Landeszeitung // 25.01.2014 von Florian Girwert

Was haben der Lech-Walesa-Flughafen in Danzig, das Augustinerkloster in Erfurt und der Sapphire Tower in Istanbul gemeinsam? Um langes Rätseln zu vermeiden: Teile der Fassaden und Fenster kommen jeweils aus dem Hause Eurolam. Die Firma aus Wiegendorf nahe Umpferstedt im Kreis Weimarer Land ist spezialisiert auf Lamellenfenster.

Eigentlich ein ganz einfaches Prinzip, findet Geschäftsführer Ernst Hommer: "Unten Zuluft, oben Abluft - das ist Physik", sagt er. Dahinter steckt, dass an einer Fassade nicht ein großes Fenster geöffnet wird, sondern viele kleine Fenster in ihrer Mitte gekippt werden, sodass oben Luft heraus und unten hereinströmen kann. "Da trifft Form auf Funktion", sagt Hommer. Architekten legten für ihre Fassaden Wert auf gutes Aussehen. Mit Fenstern aus Wiegendorf könne man sich separate Entlüftungen sparen, das erledigten die Fenster einfach mit. "Der Architekt legt alles fest - und wir bieten ein passendes Produkt mit hoher Funktionalität", erläutert er. Technisch sei man auf jeden Fall in Deutschland Marktführer und arbeite zum Beispiel gut mit dem Fassadenspezialisten Schüco zusammen.

Wirkt sich auf Energiehaushalt eines Gebäudes aus

Obwohl man gegenteiliges erwarten mag, sei die Energiewende für das Unternehmen mit 5,3 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2013 kein besonderer Schub gewesen. Auf das richtige Maß komme es auch beim Energiesparen an, findet Hommer. Lamellenfenster würden dabei helfen: "Damit braucht ein Lufttausch ein Viertel der Zeit, die nur mit einem gekippten Fenster benötigt würde", erklärt er. Das wirke sich aber nicht nur auf den Energiehaushalt eines Gebäudes aus, sondern auch auf das Befinden jener, die darin wohnen oder arbeiten. "Oft merkt man ja selbst nicht, dass die Luft schlechter wird im Raum." Nicht immer sei der Grund für Müdigkeit oder fehlende Konzentration eine zu kurze Nacht, sondern oft einfach nur schlechte Luft. Deshalb sei in der Zukunft ein Element geplant, das anhand von Sensordaten das Fenster öffnet und schließt.

Gefertigt wird in Wiegendorf ausschließlich auf Kundenbestellung. "Produkte von der Stange gibt es bei uns nicht", sagt Hommer, der das Unternehmen 1997 gegründet hat. Etwa 50 Mitarbeiter kümmern sich darum, dass die zugelieferten Teile zugeschnitten, kombiniert und zusammengesetzt werden. Dafür braucht die Firma Maschinenbau-Ingenieure, technische Zeichner, Konstrukteure und Facharbeiter mit handwerklicher Ausbildung. "Wir bilden natürlich auch selbst aus", sagt er. Allerdings sei beim Thema Ausbildung nicht mehr alles so, wie noch vor einigen Jahren. "Unsere Azubis sind sehr motiviert, aber aus der Berufsschule hört man oft nichts Gutes", berichtet Heidrun Hommer. Man denke sogar darüber nach, innerhalb der Branche eine eigene Akademie zu gründen: "Wir können uns die Leute ja nicht einfach immer fertig vom Markt holen", sagt sie. Stattdessen müssten die Betriebe so früh wie möglich Kontakt mit den Schulen suchen. "Erst durch das Kennenlernen von Berufen kann ich ja überhaupt erst wissen, was mich in einem bestimmten Bereich erwartet", erläutert sie.

Bei der Nachwuchsgewinnung habe es Eurolam vergleichsweise leicht. "Wir arbeiten international, das ist ein Pluspunkt", so Heidrun Hommer. "Selbst wer bei uns Kisten verpackt, der weiß, dass die nach Japan oder in die USA gehen. Sowas erzählt man auch gerne zu Hause." Die Thüringer Kammern könnten sich, so findet die Geschäftsfrau, hier profilieren, indem sie jungen Azubis beim Erwerb des Führerscheins unter die Arme griffen.

Doch es habe auch Zeiten gegeben, in denen man sich ernsthafte Sorgen gemacht habe, ob überhaupt noch Lehrlinge kommen würden. "Es gab manche, die sind trotz Vertrag einfach gar nicht erst erschienen."

Das war noch undenkbar, als es in den 90ern mit der Firma so richtig los ging. Ernst Hommer selbst ist in der Nähe von Koblenz groß geworden - im elterlichen Schmiedebetrieb. Direkt nach der Wende sei er in den Osten gekommen und habe als Betriebsleiter in Fassadenbetrieben gearbeitet, dann eigene Entwicklungen begonnen und schließlich ein Domizil in Wiegendorf zwischen Weimar und Apolda gefunden. "Es war meine Wunschgegend." Zwei Hallen stehen zusätzlich zum Verwaltungsgebäude bereits. "Wir wollen die Produktionsflächen noch erweitern", sagt er beim Gang durch die Hallen. Etwa 70 Prozent der Erzeugnisse gehen nach Deutschland, etwa 11,5 Prozent nach Frankreich, aber auch Großbritannien oder die Vereinigten Arabischen Emirate seien spannende Märkte.

Seine Frau hat er 2005 kennengelernt, sie folgte ihm 2006 nach Mittelthüringen und wurde noch im gleichen Jahr Ko-Geschäftsführerin.

Der Standort, so schwärmt er, sei eigentlich ideal. Nahe an zwei Autobahnkreuzen, "hier kommt man in Europa überall hin." Für positiv hält das Ehepaar Hommer zudem den Abgang von Ex-Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD): "Der Mittelstand spielte für den doch gar keine Rolle", so Heidrun Hommer. "Nicht zukunftsfähig" sei die Einschätzung zu kleinen Firmen gewesen. Beim Thema Mindestlohn - für den sich der gewesene Minister vehement eingesetzt hatte - haben die Hommers jedoch keine Einwände. Auch Azubis bekommen nach ihren Angaben mehr als 8,50 Euro pro Stunde. Die Argumentation mancher Branchen, ihre Preise würden zu sehr steigen, wenn Angestellte mehr verdienten, mögen sie nicht nachvollziehen: "Die bisher nötige Aufstockung der Gehälter, damit es zum Leben reicht, zahlen ja alle mit." So würden ganze Firmen gesponsert - "eine Frechheit", findet Heidrun Hommer.

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Foto: Peter Michaelis
Foto: Peter Michaelis

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